Die Welt-Touristenmetropole Paris kann man auf so viele verschiedene Weisen erkunden. Wir haben für uns die schönste gefunden: Wir fahren mit der Ente durch Paris. Wir haben uns durch die engsten Gassen gequetscht, sind durch endlosen Einbahnstraßen-Labyrinthe gefahren und haben dabei aus dem Fenster den Louvre, Notre Dame oder Opera Garnier bestaunen dürfen. Und das rappelnde Gefährt, was uns tapfer durch Paris geschaukelt hat, war nichts anderes als eine französische Legende: ein 2CV („deux chevaux“), oder eben einfach die gute alte Ente, wie man im Deutschen gerne sagt.
Unser Fahrer Camille ist Franzose durch und durch, mit Baskenmütze – wie es sich gehört. Er ist eigentlich Investmentbanker, fährt aber Touristen wie uns gerne mit der Ente durch Paris, um sein Englisch zu verbessern und die Gelegenheit zu haben, unseren 2CV mit dem schönen Namen „Lucile“ über die Avenues in Paris zu treiben.
Camille holt uns direkt an unserem Hotel in der Nähe des Boulevard Raspail ab und fährt mit uns zuerst durch das Quartier Latin, das Studentenviertel. Unsere Ente klappert bei jeder Bodenwelle, aber wir hatten eher das angenehme Gefühl, über die Straßen von Saint-Germain-des-Prés zu „fliegen“, so sanft schaukelte uns die ausgeleierte Federung. So muss Entenfahren sein.
Unsere 2CV Ente Lucile ist eine Ente der „Cocorico“ Serie. Die Cocorico Ente ist eine Limited Edition aus dem Oktober 1986 in den französischen Nationalfarben Weiß, Rot und Blau. Sie wurde zur Unterstützung des Teams von Frankreich bei der Fußball WM in Mexico gebaut.
Morgens herrscht in Paris noch Stille, wenn die goldene Sonne über die Dächer mit den dutzenden Schornsteinen streift. So brausten wir mit unserer Ente mit Vollgas durch die winzigen Rues und haben das Glück, in kurzer Zeit viel zu sehen.
Lucile fährt uns vorbei am Schlosspark Jardin du Luxembourg, der Universität Sorbonne und am Café de Flore, in dem schon Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir ihre Cafés geschlürft hat. Vom Rive Gauche geht es auf die Seineinseln, die Île de la Cité mit der mächtigen Kathedrale Notre-Dame. Camille verrät uns, dass er auf der Île de la Cité am beschaulichen Place Dauphine gerne mal abends zum Boule spielen vorbeikommt. Weiter sausen wir mit Lucile vorbei am Hôtel de Ville auf die ruhige, kleinere Seineinsel Île Saint-Louis.
Hier dürfen wir das Eis von Berthillon auf keinen Fall verpassen, das beste Eis von ganz Paris, meint unser Chauffeur. Und schon fahren wir auch vorbei an dem Stand dieses berühmten Eismachers, der mit seinen vielen Läden die gesamte Ile St. Louis zu beherrschen scheint (29-31 Rue Saint-Louis en l’Île).
Wir sind erst eine halbe Stunde unterwegs und haben bei unserer Fahrt mit der Ente durch Paris schon so viel vom schönen Gesicht der Stadt gesehen. Und es gibt noch so viel mehr Interessantes zu sehen, schwärmt Camille und zeigt uns seinen liebsten kleinen Platz, um Essen zu gehen. Der Place du Marché Sainte-Catherine im Marais Viertel, nahe des Place des Vosges. Kaum haben wir die charmanten Restaurants unter den schattenspenden Bäumen entdeckt, tuckert Camille weiter mit unserer Ente durch Paris, in Richtung Louvre, Place Vendôme und Opéra.
Wir fahren mit unserer kleinen klappernden Lucile, die uns doch mit offenem Dach so tapfer durch die Stadt der Liebe trägt, über die breiten Boulevards, bis wir später am Moulin Rouge in eine Straße einbiegen, die auf einen Hügel führt, den Montmartre. Als wir uns über die kleinen, engen Einbahnstraßen den Montmartre hochschlängeln, winken uns andere Touristen zu und fotografieren unsere Lucile, die einfach niedlich – und so schön französisch stereotypisch aussieht.
Wir sitzen nun schon über eine Stunde unserer kleinen schwebenden Ente Lucile, als wir auf dem Montmartre vor der strahlendweißen Sacré-Coeur anhalten und den Blick über Paris genießen. Am Ende unserer Fahrt mit der Ente durch Paris hatten wir Lucile ins Herz geschlossen. Mit ihrer klappernden Karosserie und ihrem Boxer-Motor-Duft ist eine Ente doch der einzig stilechte Weg, durch Paris zu fahren.
Text/Fotos: Katharina Kruppa, ReiseWorld