Der frühabendliche Bodennebel liegt wie ein Teppich aus Watte in jeder kleinen Senke der Rhön in Unterfranken. Die Sonne schaut noch zwischen den Wolken hervor und taucht die Landschaft in ein Schattenspiel. Oben angekommen auf der Hochrhönstraße breitet sich eine unwirkliche Landschaft aus: keine Abwechslung von gepflegten Feldern und Baumreihen. Hier steht mal ein einzelner Baum, dann ein paar Büsche, dann wieder ein paar Gräser. Eine Traumstraße, die mitten durchs Naturschutzgebiet geht.
Ein Wirtschaftsweg für die kleinen Örtchen in der Rhön war schon seit den 1920er Jahren angedacht, im Dritten Reich wurde diese Idee dann im Sinne der „nationalsozialistischen Aufbauarbeit“ verwirklicht. Arbeiter aus dem Reichsarbeitsdienst stellten die Straße 1940 fertig – zunächst nur geschottert.
Fertig asphaltiert wurden die 25 Kilometer Hochrhönstraße erst 1958, erneut war die Erschließung des Gebiets zwischen Fladungen und Bischofsheim das Ziel. Allerdings sah das Motiv en detail diesmal etwas anders aus: Es sollte ein Absterben der Ortschaften an der Zonengrenze aufgehalten werden. So erhielten Existenzgründer in der Region zu dieser Zeit auch einen Grenzgebietszuschuss.
Wenn man heute die Staatsstraße 2288 befährt, gelten strenge Regeln: Nach dem letzten Rastplatz darf man offiziell nicht mehr anhalten, sondern muss stur das Biosphärenreservat Rhön durchfahren. Niemand soll anhalten und etwa Müll abladen oder wandern gehen und seltene Tierarten stören. Nur die Schafe dürfen hier oben noch aktiv sein, denn sie bewahren die Landschaft sanft vor größerer Verbuschung. Dazu gibt es sogar das eigens eingerichtete „BUND-Rhönschaf-Projekt“.
So bleibt diese Szenerie ganz besonders. Denn während so ziemlich in ganz Deutschland unsere „Natur“ eigentlich Kulturlandschaft ist, die in irgendeiner Form wirtschaftlich genutzt wird, sieht es hier oben optisch ganz anders aus. Eine für den Beobachter bizarre Landschaft. Wo stehen heutzutage noch willkürlich einzelne Bäume herum, gepaart mit ein paar Büschen, die sich dann wieder mit offener Landschaft abwechseln? Nicht ohne Grund ist diese Umgebung einer der Schätze von Rhön Tourismus.
Obwohl die Straße auch fürs Autofahren so faszinierend ist, fährt man immer langsamer. Fenster runter, Blick nach draußen gerichtet. Eine tolle Panoramafahrt, auf der sich jede Minute neue Eindrücke ergeben. Während das mittlere Stück schnurgerade als Schneise hindurchgeht, kommt man an den Enden jeweils auf kurvige Straße, die sich in Serpentinen den Berg hinauf und hinab winden.
Die Hochrhönstraße ist somit eine ganz besondere Panoramastraße, die beides macht: Sie lädt zum Langsamfahren und zum Genießen der Natur ein sowie zur Aktivität auf den kurvigen Straßen der Rhön- Erhebungen. Aufgrund dieser hohen Lage bis zu 840 Metern ist die Straße übrigens bei heftigen Schneefällen im Winter gesperrt.
Text & Fotos: ReiseWorld, Thomas Majchrzak