Die Straße von Gibraltar

26. August 2011
Strasse von Gibraltar am Horizont

Am Abend fahren wir in die legendäre Strasse von Gibraltar ein, die das Mittelmeer mit dem Atlantik verbindet. Das erste Highlight auf dieser Reise. Auf der rechten Seite, in Seemannssprache Steuerbord genannt, sehen wir die Lichter des europäischen Festlands und erahnen den Affenfelsen. Zu unserer Linken, Backbord, glänzen die leichten Lämpchen Marokkos. Auch um 21 Uhr abends herrscht geschäftiges Treiben in der Strasse von Gibraltar. Schwerbeladene Frachtschiffe stampfen in den Fahrrinnen der Meerenge rechts und links, sowie kleine Fähren, die unseren Weg kreuzen.

Mit der Passage der Strasse von Gibraltar haben wir die Badewanne Europas, das Mittelmeer, verlassen. Nun brechen wir auf zu neuen Ufern: Vor uns liegt der atlantische Ozean mit seinen schier unendlichen Weiten. Er begrüßt uns mit rollenden Wogen, die unser relativ kleines Kreuzfahrtschiff gemächlich schwanken lassen. Die Wellen entstehen im English Channel und gewinnen an Größe je mehr sie gen Süden wallen. Auf den Gängen hängen nun Papiertüten aus, für die nicht ganz so seetauglichen Reisenden.

Was heißt eigentlich MS Astor?

An der Teestation im Restaurant werden wir plötzlich angesprochen. „Ihr seid aber jung!“, ruft eine Frau mittleren Alters erstaunt aus. „Wisst ihr eigentlich, wofür MS Astor steht?“ Wir sind informiert und sagen stolz „Motorschiff natürlich“ und denken, dass weiß doch jeder. Sie beugt sich vor und flüstert uns hinter vorgehaltener Hand zu: „Manche sagen auch, MS stehe für Mumien-Schlepper.“

Es stimmt schon, dass der Altersdurchschnitt der Passagiere irgendwo zwischen 60 und 80 Jahren liegt. Wer hier keine grauen Haare hat, ist per Se ein Exot. Wer es sich leisten kann, verbringt seinen Lebensabend lieber an Bord des Luxusliners als im Altenheim. Eine Reisebekanntschaft sagt: „Hier ist es viel schöner, die Leute sind netter und das Essen ist besser als im Seniorenheim. Wer nicht mehr alleine zurechtkommt, geht aufs Schiff. Teuer ist betreutes Wohnen auch zuhause.“ Und so schippert Deutschlands graue Elite rund um den Globus. Und sind dabei bester Stimmung. Im Herbst des Lebens lassen sie sich gerne unterhalten. Die Senioren spielen Shuffleboard oder Skat und schwingen am Abend auch gern das Tanzbein. Wenn sie denn noch ohne Gehhilfe zu recht kommen. Aber auch Bewegungseingeschränkte kommen auf ihre Kosten. Mit den Aufzügen rauf und runter – hier ist vieles Behindertengerecht. An Bord geht so mancher am Stock, mit dem Rollator oder sitzt im Rollstuhl. An Land rollt der Ausflugsbus sie zu den Touristenhighlights wo der karibischer Rum, asiatischer Reiswein oder Madeiras Zuckerrohrschnaps verkostet wird. Man muss nur aussteigen und gucken.

 

An Deck des Kreuzfahrtschiffs Astor

Es herrscht Urlaubsstimmung an Bord des Traumschiffs

Die Menschen hier haben ihr Arbeitsleben hinter sich. Doch sie sind unter ihresgleichen.  Sie eint der Wohlstand und die Lust nach neuen Ufern. Wer hier ist, sitzt auf der Sonnenseite des Lebens. Viele Passagiere berichten von zahlreichen Fernreisen zu exotischen Zielen. Sie sind schon überall gewesen, doch zuhause hält sie nichts. Viele reisen allein. Doch an Bord sind alle eine große Familie. Wer MS Astor fährt, kennt sich von früheren Reisen oder dem Club Columbus, der treue Gäste zusammen bringt. Die Mitglieder treffen sich in Regionalgruppen zuhause in Deutschland. Einer der Clubleiter erzählt uns, er engagiere sich, weil so auch Alleinreisende leichter Anschluss finden. Der Hamburger berichtet von zwei älteren Mitreisenden, die dank des Clubs ein Paar geworden waren. Sie wollten noch an Bord heiraten. Doch bevor es dazu kommen konnte, verstarb die Braut…

Mit Bussi Bussi begrüßen sich alte Bekannte in den ersten Tagen. Vielleicht hat man zusammen schon die Mitternachtssonne am Nordkap bestaunt oder sich in der karibischen Sonne geaalt.

Eine alleinreisende Dame erzählt uns zu fortgeschrittener Stunde, sie fände die Menschen an Bord „schrecklich elitär“. Aber sie liebt das kleine Kreuzfahrtschiff, also fahre sie trotzdem mit. Sie lese viel und ziehe sich auf ihre Kabine zurück, denn sie versuche den Kontakt zu den Mitreisenden zu vermeiden. Uns kommt zu Ohren, dass manche Gäste andere Passagiere, die auf den unteren Decks wohnen, als „Ratten, die aus ihren Löchern kriechen“ bezeichnen. Wie weit auf den Flurfunk hier Verlass ist, sei dahingestellt.

Fest steht jedoch: Es ist eine kleine, eingeschweißte Gemeinde die sich auf dem Schiff trifft: alt, reich und neugierig. Es sind Menschen vom selben Schlag, abgesehen von ein paar Ausnahmen. Wie die Frau, die Jahre lang für diese Fahrt gespart hat, der unheilbar Kranke, der noch einmal die Welt sehen möchte oder eben das junge Paar, das diese Seereise gewonnen hat.

Alle Videos von unserer Weltreise mit MS Astor findet ihr im ReiseWorld Youtube-Kanal.

Klickt hier für den nächsten Artikel der Serie „Weltreise mit dem Kreuzfahrtschiff“. Direkt zum ersten Artikel unserer Weltreise mit MS Astor geht es hier.

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