Klassisches Kreuzfahrtschiff MS Berlin, gelebte Seefahrtstradition

9. April 2015
MS Berlin

MS Berlin – ein Name, der den meisten Kreuzfahrtfreunden ein Begriff sein dürfte. Von 1986 bis 1999 war sie das ZDF Traumschiff, bevor sie von MS Deutschland abgelöst wurde. Nach dem Einsatz für Peter Deilmann fuhr sie unter verschiedenen Namen für internationale Reedereien. Seit Mai 2012 ist die Berlin unter dem Veranstalter FTI Cruises wieder für deutsche Gäste unterwegs, zuerst als FTI Berlin und seit 2014 wieder unter dem alten Namen MS Berlin.

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Ein blauer Streifen säumt nun die weiße Lady, die 1980 vom Stapel lief. Abgesehen von ein paar Renovierungen hat sich viel mehr nicht verändert, meinen Gäste, die schon in den 1980er Jahren auf MS Berlin unterwegs waren.

Und tatsächlich empfängt die Berlin ihre Gäste mit einem nostalgischen Charme, der noch ein bisschen an die glanzvollen Zeiten des ehemaligen Traumschiffs erinnert. Nicht mehr ganz so pompös und plüschig wie damals ist das Interieur. Man merkt dem Schiff jedoch an, dass es schon über 35 Jahre seinen Dienst getan hat. Jeder Eigner hat im Laufe der Zeit eigene Akzente gesetzt, dies führt in vielen Bereichen zu einem regelrechten Stilmix. Bei FTI setzt man in puncto Design eher auf praktikable Sachlichkeit. Beispiele hierfür sind Leuchtstoffröhren und PVC-Böden in manchen Bereichen. Geschmackvoll wiederum hat man die Bibliothek und das Buffet-Restaurant „Verandah“ restauriert. Einige Kabinen, wie unsere Junior Suite, sind ebenfalls traditionell ausgestattet.

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MS Berlin will auch kein Designhotel auf See sein, das können andere ohnehin besser. Sie punktet durch das, was sie ist: ein kleines, klassisches Kreuzfahrtschiff. Eine vom Aussterben bedrohte Art auf dem deutschen Markt, die ihre Liebhaber hat – vor allem in der Generation 50 Plus. Und unter den verbliebenen klassischen Kreuzfahrtschiffen, ist sie von der Aufteilung und den Außendecks ohne Frage eines der schöneren. Es ist ein erhebendes Gefühl, auf dem obersten Deck zu stehen und zu sehen, wie der Bug in Richtung Horizont in See sticht. Und mit ihrer geringen Größe und Breite kann das Schiff sogar schmale Seewege passieren – wie den Kanal von Korinth.

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Kanal-von-Korinth

Über drei Decks verteilen sich die Außenflächen, die großzügig vorhanden sind. Dies ist für mobilitätseingeschränkte Passagiere ein Nachteil, da zwei der Außendecks nicht mit dem Aufzug erreichbar sind. Es bietet jedoch für die meisten Gäste den Vorteil, dass sich immer wieder kleine, versteckte Ecken bieten, in denen man seinen Liegestuhl positionieren kann. Und während man den Blick auf die Weite des Meeres genießt, vergisst man nie, dass man sich auf einem Schiff befindet. Seefahrtsliebhaber wissen zu schätzen, dass man hier unter den Rettungsbooten oder neben Seilwinden verweilt. Ein Ambiente, das man heute auf modernen Kreuzfahrtschiffen vermisst.

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Wer bereit ist, über kleine Fehler, die dem Alter des Schiffes geschuldet sind, hinweg zu sehen, wird sich auf der Berlin schnell zuhause fühlen. Ein großer Verdienst der Crew, die zu einem beachtlichen Teil früher auf MS Astor tätig war. Heute geben sie der MS Berlin die Persönlichkeit, die so maßgeblich für den nachhaltigen Erfolg eines kleinen, feinen Kreuzfahrtschiffes bei seinen Stammgästen ist.

So strukturiert Kreuzfahrtdirektorin Romana Calvetti den Alltag an Bord und sorgt mit ihrem Temperament für Stimmung. Kapitän Alberto Tarozzi dreht fast täglich seine Runden an Deck und Food Manager Rudi Lainer hat für die Gäste im Verandah-Restaurant fast rund um die Uhr ein offenes Ohr. Den ein oder anderen mag stören, dass trotz Deutsch als Bordsprache nicht jeder Kellner oder Barmitarbeiter die Bestellung ohne Zuhilfenahme englischer Wortbrocken versteht. Doch die Crew, die sich zum größten Teil eben schon länger kennt, ist zweifelsohne das Juwel der MS Berlin. Man merkt, wenn ein Team eingespielt – und jederzeit hilfsbereit und offen für Wünsche ist.

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Für gute Stimmung an Bord ist zudem das Essen enorm wichtig. Und wenn es danach geht, ist die Stimmung auf MS Berlin immer bestens. Der indische Küchenchef kreiert für das Hauptrestaurant einfallsreiche und wohlschmeckende Gerichte.

Was uns gefällt: Jeden Abend gibt es ein gleichwertiges, vegetarisches Menü – und auf Nachfrage sogar problemlos eine vegane Alternative. Chapeau, das ist selbst auf Schiffen, die mit 5 Sternen klassifiziert sind, nicht selbstverständlich. Im Verandah Restaurant ist die Speisenauswahl zwar bodenständiger, aber nicht weniger schmackhaft. Jeden Tag gibt es neben der wechselnden Buffet-Auswahl mit vielen Salaten auch wechselnde Pizzen, sowie ein Pasta- und ein Wokgericht. Dies entspricht den Anforderungen an eine moderne Kreuzfahrtküche. Schön wäre für den Gast, wenn es durchgängig eine warme Speise geben würde, wobei die „Essens-Pausen“ sehr gering sind.

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Auf der MS Berlin geht es gewöhnlich leger zu, man steht gern im Friesennerz an der Reling und fühlt sich wohl dabei. Obwohl die Kleiderschränke extra Kleiderstangen für lange Abendkleider haben, holt man diese nur ein bis zwei Mal pro Reise aus dem Schrank, an den Gala-Abenden. Denn ein bisschen Schi-Schi gehört doch dazu auf einem Schiff, dass noch vom Glamour der goldenen Traumschiffjahre zehrt, natürlich inklusive Offiziersparade und Foto mit dem Kapitän. Doch fällt auf, dass es hier auf der Berlin selbst am Gala-Abend mit festlicher Kleidungsempfehlung einen Tacken entspannter zugeht als auf anderen Schiffen.

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Diese Mischung zwischen legerem Flair an Deck, der Anmut omnipräsenter Offiziersuniformen zum Anfassen, einer Prise Gala und dem Anpacken längst überfälliger Renovierungen könnte zum Erfolgsrezept von FTI Cruises und ihrem kleinen, charmanten Kreuzfahrtschiff werden – in einer Zeit, in der viele moderne Schiffe den Charme der klassischen Kreuzfahrt vermissen lassen. Zudem setzen immer mehr Stammgäste auf ihre beliebte Stammcrew.

MS Berlin im Überblick
Baujahr: 1980
Umbauten: 1986, 2006, 2008, 2012, 2014 (Teilrenovierung)
Länge: 138 m
Breite: 17,5 m
Tiefgang: 5 m
Max. Passagiere: 412
Crew: 188

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