Meyer Werft Papenburg, Kinderstube der Kreuzfahrtschiffe

18. September 2013
Norwegian Getaway im Dock in der Meyer Werft

Als begeisterte Kreuzfahrerin und Schiffsfan war ein Besuch in der Meyer Werft in Papenburg schon immer ein Traum. Ich habe zwar schon mit der MS Astor den Pazifik von Amerika nach Australien überquert, doch ich hatte noch nie direkt vor mir ein Kreuzfahrtschiff im Rohbau gesehen, außer im Film.

Meyer Werft, Celebrity Equinox

Bekannte Reedereien wie Norwegian Cruise Line und Royal Caribbean lassen
International ihre „Traumschiffe“ in der Meyer Werft fertigen. 2009 lief die Celebrity Equinox vom Stapel. Foto: Meyer Werft, Ingrid Fiebak-Krämer

Weil es vielen Kreuzfahrtfans so geht, hat sich die Meyer Werft auf Besucher eingestellt. Über 300.000 Schiffsfreude kommen im Jahr nach Papenburg, um mehr über die schwimmenden Hotels zu erfahren.

Durch den gläsernen Besucherturm an der Pforte bei Tor 1 und den Skywalk trete ich ein in die Welt des Schiffbaus. Zwei kleine Kinos, verschiedene Themenbereiche und eine Ausstellung erzählen die Geschichte der Werft, ihrer Menschen und die der gebauten Schiffe. Bei der zweistündigen Werftführung lernt man viel über die Werft, wie genau ein Kreuzfahrtschiff zusammengebaut wird, bis es sich schließlich auf den Weg in Richtung Meer macht.

 

Skywalk führt zur Werftführung

Über den Skywalk betreten die Gäste die Welt des Schiffsbaus. Foto: ReiseWorld

 

Für mich ist es atemberaubend, vor der über 500 Meter langen Halle zu stehen und den riesigen Kränen und den Schiffsbauern dabei zuzusehen, wie sie die letzten Teile Stück für Stück zu der Norwegian Getaway, dem neuesten Kreuzfahrtschiff von Norwegian Cruise Line, zusammensetzen. Strahlend weiß ist der Luxusliner schon, nur hier und da fehlt noch etwas Farbe an den Schweißnähten.

 

Norwegian Getaway im Dock in der Meyer Werft

Das neue Schiff von Norwegian Cruise Line, die Norwegian Getaway, im Dock. Foto: ReiseWorld

 

Doch an der Seite ist der Schiffsrumpf schon eben und glatt, wie es sich für deutsche Schiffsbauqualität gehört. Die transparenten Balkongeländer sind noch mit grüner Folie beklebt, und auch das Meerjungfrauen-Kunstwerk am Bug ist noch nicht ganz komplett. Bevor das Kreuzfahrtschiff im November den Dock verlässt und durch die Ems in Richtung Nordsee steuert, sind noch ein paar Feinarbeiten zu tun. Die Norwegian Getaway wird nie wieder nach Papenburg in ihre Kinderstube zurückkehren, sondern in Richtung Sonne fahren, in die Karibik.

 

Norwegian_Getaway

Perfektion & Luxus: So soll die Norwegian Getaway aussehen, wenn sie 2014 ab Florida im karibischen Meer kreuzt. Foto: Norwegian Cruise Line

 

Danach reiht sich die Norwegian Getaway ein in die lange Erfolgsgeschichte der traditionsreichen Meyer Werft, die seit den 1980er Jahren auch Kreuzfahrtschiffe konstruiert. Das erste Schiff dieser Art war die Homeric im Jahr 1985. Davor hat die Familie Meyer seit 1795 Schiffe verschiedener Klassen gebaut, wie den Passagierdampfer Graf Goetzen, der 1913 für den Einsatz auf dem Tanganjikasee in Ostafrika konstruiert wurde.

Um die Graf Goetzen nach Afrika zu transportieren, hatten sich die Meyers etwas Besonderes ausgedacht. Das Schiff haben die Papenburger zunächst probeweise zusammengebaut und es danach wieder in seine Einzelteilen zerlegt. Die Stücke wurden, in wasserdichte Kisten verpackt, per Schiff nach Ostafrika verfrachtet. Von Daressalam wurde der Bausatz dann auf dem Landweg quer durch Ostafrika bis zum Tanganjikasee gebracht. Die Werft sandte eine Gruppe von Arbeitern und Meistern ebenfalls nach Afrika, die das Schiff direkt am Tanganjikasee zusammenbauten.

1951 wurde das Schiff, das mittlerweile „Liemba“ hieß, berühmt: Es spielte zusammen mit Katherine Hepburn und Humphrey Bogart eine wichtige Rolle in dem Film „African Queen“. Heute, 100 Jahre nach ihrem Bau, ist die ehemalige Graf Goetzen aus Papenburg noch immer im Dienst am Tanganjikasee.

 

Meyer_Werft

Bei der Werftführung seht ihr in Modellen, welche Schiffe schon in der Meyer Werft gebaut wurden.

 

Als ich selbst in Papenburg auf der Besuchertribüne am größten überdachten Baudock der Welt stehe und von der Seite auf das fast fertige Schiff schaue, wirkt die Norwegian Getaway wie ein kleines Puzzle-Spiel, das fast fertig ist.

Die Bauarbeiter, die geschäftig hin und her laufen, sehen klein aus vor dem Schiff mit 324 Metern Länge und 40,2 Metern Breite. Jeder, der im Hafen schon einmal vor einem Kreuzfahrtschiff gestanden hat, weiß, wie majestätisch und riesig diese Wunderwerke der Technik wirklich sind.

Im Video seht ihr, wie die Norwegian Getaway aussehen soll, wenn sie fertig ist.

 

 

Kreuzfahrtschiffe zu bauen ist eine besondere Herausforderung für eine Werft. Denn Kreuzfahrtschiffe beherbergen viele verschiedene Funktionen auf engstem Raum – nicht nur unzählige Kabinen, Restaurants oder einen aufwendigen Theatersaal oder ein Atrium, damit sich die Gäste fühlen wie in einem Luxushotel, in dem sie auf nichts verzichten müssen. Auch Infrastruktur wie eine Kläranlage oder Müllverbrennungsanlage müssen eingebaut werden. Die Meyer Werft baut solche schwimmenden Luxushotels in nur 13 Monaten. Dabei fließt die Arbeit aller Lieferanten hier zusammen. Die Werft hat über 2.000 Mitarbeiter, wobei über 1.000 externe Dienstleister hinzukommen – je nach Bauphase.

 

Meyer Werft Aida Modell

Wunderwerke der Technik im kleinen Maßstab: Auch für Aida Cruises hat die Meyer Werft sieben Kreuzfahrtschiffe gebaut – in Originalgröße. Foto: ReiseWorld

 

Die Schiffsbauer im Emsland haben schon für Aida Cruises, Disney Cruises, Royal Caribbean, Norwegian und andere Reedereien Traumschiffe gebaut.

Im Dock hinter der Norwegian Getaway stehen heute schon das Treppenhaus und Teile der Passagierdecks für den nächsten Ozeanriesen bereit: die Quantum of the Seas von Royal Caribbean. Sie soll 2014 vom Stapel laufen.

 

Meyer Werft Ems

Die Ozeanriesen verlassen die Werft in Richtung Nordsee im Rückwärtsgang, weil so die Schiffe einfacher zu manövrieren sind. Foto: Meyer Werft

 

Ich habe in meinem Leben schon mehrere hundert Nächte auf Kreuzfahrtschiffen verbracht, und nie zuvor gesehen, wie ein Luxusliner aus so vielen einzelnen Teilen Block für Block zusammen geschweißt wird.

Als ich mitten auf dem Atlantik an Deck stand, zwei Tage vom Land entfernt und unter mir nichts als mehrere Tausend Meter tiefes Wasser war, habe ich an die Meister der Technik gedacht, die diese wundervolle Art des Reisens möglich machen. Bei meinem Besuch in der Meyer Werft durfte ich ihnen nun bei der Arbeit zusehen.

 

Informationen zu den Führungen
Führungen im Besucherzentrum der Meyer Werft werden von April bis Oktober täglich angeboten. Der Preis beträgt 9,00 Euro für Erwachsene und 5,50 Euro für Kinder/Schüler inklusive Bustransfer. Wegen der großen Nachfrage ist einer Anmeldung erforderlich. Eintrittskarten können telefonisch oder online bei Papenburg Tourismus reserviert werden. Telefon 04961-83 96-0, Fax: 04961-83 96-96 oder online unter www.papenburg-tourismus.de

Vielen Dank an Papenburg Tourismus und an die Meyer Werft.
Text: Katharina, ReiseWorld

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