Im Gespräch mit MS Europa 2 Hotelmanager Johann Schrempf

7. Februar 2015

Johann Schrempf ist seit der Indienststellung der Hotelmanager auf MS Europa 2. Der 54-jährige kommt aus der Steiermark und hat vor seiner Seefahrt-Karriere in Hotels im Alpenraum, Amerika und Frankreich gearbeitet. Im Interview mit ReiseWorld verrät er, welche die Herausforderungen auf dem mehrfach ausgezeichneten Kreuzfahrtschiff sind.

Wie sind Sie zur Seefahrt gekommen?
Ich war eigentlich der Meinung, dass ich mich in einem Hotel an Land besser verkörpern kann. Doch mein bester Freund war Hotelmanager auf einem Kreuzfahrtschiff und hat mich 1995 dazu überredet, es auch einmal auf dem Schiff auszuprobieren. Dann habe ich auf MS Hanseatic an der Bar angefangen. Dabei konnte ich mir die ganzen Abläufe auf einem Schiff genau ansehen. Danach habe ich den Einkauf geleitet, 1997 wurde ich Hotelmanager. 1999 konnte ich bei der Indienststellung von MS Europa mitwirken und war dann abwechselnd auf der Europa und der Hanseatic tätig. Und seit Anfang 2013 bin ich als Hotelmanager für die Europa 2 verantwortlich. Ich war schon in die Planung involviert und bin schon in der Werft an Bord gegangen, um hier vom ersten Tag an den höchsten Standard fahren zu können.

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Was ist Ihre genaue Funktion auf der Europa 2?
Als Hotelmanager bin ich verantwortlich für den gesamten Ablauf im Hotelbereich, das sind Housekeeping, Küche, Rezeption, Boutique und Spa – also eine sehr spannende, vielfältige und interessante Aufgabe. Ich verantworte den größten Bereich am Schiff, der umfasst 300 Mitarbeiter, darunter 100 im Restaurant-Service, 70 in der Küche und 70 im Housekeeping.

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Wie sieht Ihr Tagesablauf an Bord aus?
Ich stehe kurz vor 5 auf und gehe meine erste Runde über das Schiff. Dann betreibe ich ein wenig Sport, um fit zu bleiben. Danach gehe ich wieder eine Runde über das Schiff, um alles zu inspizieren und bin gegen 7 Uhr im Büro. Dann heißt es einmal E-Mails abarbeiten, Reports schreiben, administrative Tätigkeiten erledigen. Später gibt es das Morgenmeeting, dann kümmere ich mich um die Gäste, habe Gespräche mit den leitenden Mitarbeitern aus meinen Bereichen, denn ich persönlich muss immer den Überblick behalten. Das heißt: Ich bin viel unterwegs. Meine Runden über das Schiff sind das Wichtigste. Und ich muss auf verantwortungsvolle, gute Leute zählen, die ich zum Teil schon von anderen Schiffen kenne und auf die ich mich verlassen kann.

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Man merkt noch, dass die Crew dabei ist, sich einzuspielen.
Ich bin der Meinung, dass wir sehr gut eingespielt sind. Aber ein Kreuzfahrtschiff kann man nicht mit einem Hotel an Land vergleichen. Es gibt eine ständige Fluktuation von Mitarbeitern. Praktisch bei jeder Reise kommen neue Mitarbeiter an Bord, die dann buchstäblich ins kalte Wasser geschmissen werden. Denn die Einarbeitungszeit ist extrem kurz, alles muss sofort funktionieren. Dazu kommt, dass wir auf der jetzigen Reise viele Orte mit diesem Schiff und dieser Crew zum ersten Mal besuchen. Überhaupt sind wir das erste Mal in Amerika und in der Karibik, wo für Kreuzfahrtschiffe ganz andere Standards gelten als in Europa. Beispiel Kühlprodukte – da muss die Temperatur exakt gemessen werden. In Europa spielt ein halbes Grad mehr oder weniger keine Rolle.

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Und die Persönlichkeit eines Schiffes wird insbesondere vom Personal geprägt…
Genau so ist es. Und mein Team und ich möchten unseren Gästen unvergessliche Erlebnisse bieten. Aber dadurch das Konzept der Europa 2 mit der freien Tischwahl und den vielen Restaurants ist das grundsätzlich schwieriger, weil wir wechselnde Ansprechpartner für den Gast haben. Wenn es am Abend einen festen Tisch gibt, ist die persönliche Beziehung zum Gast schneller hergestellt. Aber dennoch bemühen wir uns immer wieder auch hier auf der Europa 2 eine persönliche Atmosphäre zu schaffen.

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Welche Rolle spielt dabei das Schiff?
Zunächst zeichnet sich MS Europa 2 durch das großzügige Raumangebot und die vielen verschiedenen Restaurants aus. Dazu kommt der Stil des legeres Luxus: kein Kapitänsdinner, keine formale Abende, keine fixen Tischplätze. Wir nennen es die große Freiheit.

Funktioniert dieses neue Konzept, das so ganz anders ist als auf der Europa?
Ja, das Konzept wird sehr gut angenommen. Wir haben ein viel jüngeres Publikum an Bord, das den legeren Luxus überaus schätzt. Einige Stammgäste von den anderen Schiffen müssen sich erst daran gewöhnen, dass sie hier beispielsweise keinen fixen Tisch haben. Generell ist das Thema Essen und Restaurant hier auf der Europa2 viel entspannter. Mann kann je nach Lust und Laune wählen, wonach einem gerade ist. Besonders beliebt sind bei den Gästen natürlich die Spezialitätenrestaurants.

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Was die Kabinen betrifft, so gibt es ausschließlich Balkon-Suiten. Wie wirkt sich das auf den Hotelbetrieb aus?
Ein neues Schiff ohne Balkon-Suiten wäre unvorstellbar. Unsere Suiten sind besonders großzügig gestaltet. Viele Gäste fühlen sich dort so wohl, dass sie sich häufiger dorthin zurückziehen und auf der Suite bleiben. Wir haben sechs Butler, die Gäste auf der Suite bedienen.

Wie können Sie angesichts der vielen Auszeichnungen dem Standard gerecht werden?
Man muss sich selbst sehr hohe Ziele setzen, man muss permanent an sich und am Produkt arbeiten, immer der Zeit voraus sein. Sehr wichtig ist es, die Mitarbeiter entsprechend zu motivieren. Ich möchte den Mitarbeitern jeden Tag vermitteln, dass jeder einzelne an dem Erfolg beteiligt ist. Nur als Team können wir so erfolgreich sein.

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Wie lange möchten Sie noch zur See fahren?
Ich schätze an der Seefahrt die unendliche Weite. Wenn ich Stress habe, dann nehme ich mir die Zeit, ein paar Minuten an die Reling zu gehen, aufs weite Meer zu schauen, tief Luft zu holen und einen Moment zu entspannen. Das gibt wieder neue Kraft. Wie ich erst im Nachhinein festgestellt hatte, waren auch die Hotelbetriebe an Land, in denen ich gearbeitet habe, zumeist am Wasser. Also habe ich schon immer eine besondere Verbindung zu dem Element gehabt. Derzeit bin ich immer abwechselnd zwei Monate an Bord und einen Monat zu Hause. Man kommt herum, es ist total interessant und man hat keine Grenzen. Dabei gibt es nichts Schöneres, wenn die Gäste am Ende der Reise sagen: In ein paar Monaten sehen wir uns wieder. Und so lange mir das noch so viel Spaß bereitet, fahre ich auch noch zur See.

Vielen Dank für das Gespräch.

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